Warum haben F1-Reifen kein Profil?

F1-Reifen oder Slicks sind ohne Profil konstruiert, um maximalen Grip auf trockenen Strecken zu gewährleisten. Ohne Profilmuster auf F1-Reifen ergibt sich eine größere Kontaktfläche zwischen dem Gummi und der Streckenoberfläche, was bei trockenen Bedingungen zu mehr Haftung und schnelleren Rundenzeiten führt.

Im Gegensatz zu herkömmlichen Straßenreifen, die Profilmuster aufweisen, um Wasser zu verdrängen und auf nassen Oberflächen Traktion zu bieten, liegt der Fokus bei F1-Reifen auf Leistung bei trockenem Wetter. Die meisten Formel-1-Rennen finden auf trockenen Strecken statt, wodurch profillose Reifen die bevorzugte Wahl sind.

Mit der Analyse von NeoTires werfen wir einen genaueren Blick auf die einzigartigen Eigenschaften von F1-Reifen…

Welche Reifenmischungen gibt es in der F1?

Formel-1-Reifen werden mit verschiedenen speziellen Gummimischungen hergestellt. Pirelli bietet sechs Trockenwetter-Mischungen an, von der härtesten C0 bis zur weichsten C5, jede konzipiert, um spezifische Niveaus von Grip, Haltbarkeit und Leistung abhängig von Streckencharakteristik und Strategien zu bieten.

Vor der Einführung der neuen Reifenregularien zur Saison 2022 wurden neue 18-Zoll-Reifen von Grund auf entwickelt. Jedes Element des Reifens begann mit einem leeren Blatt Papier – vom Profil über die Struktur bis zu den Mischungen. Der Entwicklungsprozess umfasste über 10.000 Stunden Labortests, über 5.000 Stunden Simulationen und über 70 virtuelle Prototypen, die zu 30 verschiedenen Spezifikationen führten, welche von fast allen Teams über 20.000 km getestet wurden. Die Fahrer spielten eine zentrale Rolle, jeder trug zur Entwicklung bei verschiedenen Phasen bei und half Pirelli dank ihres Feedbacks, die endgültigen Spezifikationen zu definieren.

Pirelli wählt für jedes Rennwochenende drei Mischungen aus, von der härtesten C0 bis zur weichsten C5, um sicherzustellen, dass den Teams eine geeignete Auswahl für Qualifying und Rennen zur Verfügung steht.

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Bild mit freundlicher Genehmigung von Pirelli

C0: Die härteste Mischung

Die 2023 eingeführte Mischung C0 ist der härteste Reifen im Pirelli-Formel-1-Angebot. Dieser Reifen ist auf maximale Haltbarkeit und Hitzebeständigkeit ausgelegt und eignet sich für Strecken, die die höchsten Anforderungen an Reifen stellen. Die Mischung C0 bietet das geringste Maß an Grip im Vergleich zu den anderen Mischungen, ermöglicht aber längere Stints und geringeren Verschleiß – ideal für abrasive Strecken oder heiße Bedingungen.

C1: Harte Mischung

Die Mischung C1 ist die zweithärteste im Pirelli-Portfolio. Sie bietet ein Gleichgewicht zwischen Haltbarkeit und Leistung und liefert mehr Grip als C0, wobei die Langlebigkeit im Vordergrund steht. C1 wird häufig auf Strecken mit hohem Reifenverschleiß oder bei einer Ein-Stopp-Strategie eingesetzt. Diese Mischung wird bevorzugt benutzt, wenn Reifenmanagement entscheidend ist, da sie über längere Stints konstante Leistung bietet.

C2: Mittlere Mischung

Die Mischung C2 liegt im Mittelfeld von Pirellis Sortiment und stellt eine vielseitige Option dar, die unter verschiedensten Streckenbedingungen eingesetzt werden kann. Dieser Reifen bietet eine gute Balance zwischen Grip und Haltbarkeit und eignet sich für die meisten Strecken im Formel-1-Kalender. C2 wird häufig als primärer Rennreifen eingesetzt und ermöglicht es Fahrern, stärker anzugreifen als mit C1, während gleichzeitig eine vernünftige Stintlänge gewährleistet bleibt.

C3: Weiche Mischung

Die C3-Mischung ist die drittweichste im Pirelli-Repertoire und bietet höheren Grip und bessere Leistung im Vergleich zu härteren Mischungen. Dieser Reifen ist für schnelle Rundenzeiten ausgelegt und wird häufig im Qualifying oder für kurze Rennstints verwendet. Die C3-Mischung ist besonders effektiv auf Strecken mit glattem Belag und geringem Reifenverschleiß, wo der zusätzliche Grip zu schnelleren Runden führen kann.

C4: Sehr weiche Mischung

Die C4-Mischung ist die zweitsweichste im Pirelli-Angebot und bietet noch mehr Grip und Leistung als C3. Dieser Reifen ist für Strecken gedacht, die maximale Haftung erfordern, zum Beispiel Stadtkurse oder Strecken mit vielen langsamen Kurven. C4 bietet hervorragende Leistung im Qualifying, besitzt jedoch eine geringere Langlebigkeit als härtere Mischungen, weshalb er während längerer Rennstints weniger geeignet ist.

C5: Die weichste Mischung

Die Mischung C5 ist die weichste in Pirellis Formel-1-Reifenpalette und bietet das höchste Maß an Grip und Leistung. Dieser Reifen wird auf sehr glatten Strecken mit geringem Verschleiß verwendet, wo maximale Haftung notwendig ist. Die C5-Mischung liefert die schnellsten Rundenzeiten im Qualifying, hat aber die kürzeste Lebensdauer aller Mischungen. Sie wird häufig strategisch für sehr kurze Rennstints oder ausschließlich im Qualifying eingesetzt.

Diese Reifenmischungen sind darauf ausgelegt, eine große Bandbreite an Streckeneigenschaften und Rennstrategien abzudecken, damit die Teams ihre Leistung je nach spezifischen Anforderungen der Strecke optimieren können.

Reifen für nasses Wetter

Obwohl Formel-1-Rennen überwiegend unter trockenen Bedingungen stattfinden, muss der Sport auch auf Herausforderungen bei nassem Wetter vorbereitet sein. Um Fahrersicherheit zu gewährleisten und auch bei Nässe spannendes Racing zu ermöglichen, stellt Pirelli zwei Reifentypen für nasses Wetter bereit: den Cinturato Green Intermediate und den Cinturato Blue Full Wet.

Cinturato Green Intermediate

Der Cinturato Green Intermediate ist für feuchte bis nasse Strecken ohne stehendes Wasser konzipiert. Er besitzt ein Profil, das Wasser verdrängt und die Haftung bei feuchten Bedingungen aufrechterhält. Der Intermediate ist eine vielseitige Option, die sowohl mit abtrocknenden Oberflächen als auch mit zunehmendem Regen umgehen kann.

Die beim Intermediate verwendete Mischung ist weicher als beim Full Wet und sorgt für besseren Grip bei gemischten Bedingungen. Dieser Reifen kann moderate Mengen an Wasser ableiten und ermöglicht es Fahrern, bei Nässe konkurrenzfähige Rundenzeiten zu fahren.

Teams setzen den Intermediate häufig in Übergangsphasen eines Rennens ein, zum Beispiel wenn es nach Regen abzutrocknen beginnt oder bei leichtem Regenfall.

Formula 1 2024: Pre Season Test
BAHRAIN INTERNATIONAL CIRCUIT, BAHRAIN – 22. Februar: Pirelli-Reifen während der Vorsaisontests auf dem Bahrain International Circuit am Donnerstag, den 22. Februar 2024 in Sakhir, Bahrain. (Foto von Andy Hone / LAT Images)

Full Wet Blue

Der Full Wet Blue ist für stark verregnete Strecken mit stehendem Wasser ausgelegt. Sein Profil ist im Vergleich zum Intermediate aggressiver gestaltet, mit tieferen Rillen zur Verdrängung größerer Wassermengen.

Die verwendete Mischung ist härter als beim Intermediate und priorisiert Aquaplaning-Schutz und Haltbarkeit gegenüber maximalem Grip. Dieser Reifen kann bis zu 85 Liter Wasser pro Sekunde bei 300 km/h verdrängen, sodass die Fahrer auch unter extrem nassen Bedingungen Kontrolle und Sicht behalten.

Full-Wet-Reifen sind entscheidend für die Sicherheit der Fahrer bei starkem Regen. Das tiefe Profil und die robuste Konstruktion verhindern Aquaplaning, bei dem der Reifen durch Wasserfilm den Kontakt zur Strecke verliert. In Extremfällen kann ein Rennen dennoch unterbrochen werden, wenn die Bedingungen selbst für Regenreifen zu gefährlich sind.

Formula 1 2024: Pre Season Test
BAHRAIN INTERNATIONAL CIRCUIT, BAHRAIN – 22. Februar: Pirelli-Reifen während der Vorsaisontests auf dem Bahrain International Circuit am Donnerstag, den 22. Februar 2024 in Sakhir, Bahrain. (Foto von Andy Hone / LAT Images)

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F1-Reifen FAQs

Womit sind F1-Reifen gefüllt?

F1-Reifen sind mit Stickstoff anstelle von normaler Luft gefüllt. Stickstoff ist ein inertes Gas, das auch unter hohen Temperaturen während eines Rennens einen stabileren Druck im Reifen beibehält. Diese Stabilität hilft, die optimale Form und Leistung des Reifens während eines Stints zu gewährleisten. Zudem diffundiert Stickstoff weniger durch die Reifenwand als normale Luft, was zur Druckkonstanz beiträgt.

Aus welchem Material bestehen F1-Reifen?

F1-Reifen bestehen aus einer komplexen Mischung aus natürlichem und synthetischem Gummi, die zusammen mit weiteren Materialien wie Kevlar und Polyester die Reifenstruktur bilden. Die genaue Zusammensetzung variiert je nach Mischung (z. B. C0 bis C5) und ist ein wohlgehütetes Geheimnis von Pirelli. Diese Spezialmischungen sind optimiert für Grip, Haltbarkeit und Leistung basierend auf den einzigartigen Anforderungen des Formel-1-Rennsports.

Warum nutzen F1-Autos ausschließlich Pirelli?

Die Formel 1 hat seit 2011 einen exklusiven Vertrag mit Pirelli als alleinigen Reifenausrüster. Das bedeutet, dass alle Teams denselben Reifenhersteller nutzen. Dies gewährleistet gleiche Bedingungen für alle Teams, da sie Zugang zu den identischen Mischungen und Spezifikationen haben. Die Partnerschaft erlaubt zudem eine enge Zusammenarbeit bei der Weiterentwicklung der Reifen speziell für den Sport.

Warum haben F1-Reifen so viel Grip?

F1-Reifen bieten extrem viel Grip dank einer Kombination aus speziellen Gummimischungen, Reifenbauweise und profilfreien Designs. Die weichen, klebrigen Gummimischungen maximieren die Haftung, indem sie sich optimal an die Streckenoberfläche anpassen und eine größere Kontaktfläche bieten. Die Reifenstruktur mit weicher Außenschicht und steiferem Inneren sorgt für Stabilität, während sie sich der Strecke anpasst. Der fehlende Profilanteil bei Trockenreifen erhöht zusätzlich die Auflagefläche für maximalen Grip.

Warum halten F1-Reifen nicht lange?

F1-Reifen sind für maximale Leistung statt Langlebigkeit konzipiert. Die weichen Gummimischungen sind auf Grip und Geschwindigkeit ausgelegt, auf Kosten der Haltbarkeit. Die extremen Temperaturen und Kräfte beim Fahren führen zu schnellem Verschleiß – deutlicher Leistungsverlust bereits nach wenigen Runden ist üblich. Diese Eigenschaft ist gewollt und macht Strategie zu einem wichtigen Rennbestandteil. Die kurze Lebensdauer der Reifen sorgt zudem dafür, dass Teams ständig neue Mischungen und Strategien entwickeln, um einen Wettbewerbsvorteil zu erhalten.

Übersetzung aus dem englischen Artikel “Why Do F1 Tires Have No Tread?

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