Die goldene Ära der Turbolader in der Formel 1

Turbolader in der Formel 1 sind kein neues Konzept, denn einige der leistungsstärksten und ikonischsten Formel-1-Fahrzeuge aller Zeiten kamen Mitte der 1980er Jahre mit flammenwerfenden Turbomotoren auf, die damals für Machismo und Nervenkitzel standen. Doch was waren die Mechanismen, die dieses Phänomen ermöglichten, und warum dominierten sie die Formel 1, wie sie es taten?

Kurz gesagt beschreibt Turboladung das Einpressen von verdichteter Luft in Verbrennungsmotoren, um die Leistung zu steigern. Ein Turbolader realisiert dies mit einer Turbine, die durch Abgase des Motors angetrieben wird. Diese Turbine treibt einen Verdichter an, der die unter Druck stehende Luft in die Ansaugbrücke pumpt. Überdruck wird durch Regelmechanismen wie Wastegates und Ladedruckregler gesteuert, um Leistung zu optimieren und Motorschäden zu vermeiden. Infolgedessen gelangt in jedem Ansaugtakt deutlich mehr Luftmasse in die Zylinder bei gleichem Volumen – dies führte zu einer erheblich gesteigerten Zündleistung.

In der Anfangszeit der Turbo-Ära galt die Faustregel, dass ein 1.500cc-Turbomotor einem 3.000cc-Saugmotor entsprach. Die Hubraumbeschränkungen veränderten sich im Laufe der Jahre, was großen Einfluss auf Design und Performance der Rennmotoren hatte. Diese Regel führte schnell zur Entwicklung immer effizienterer und leistungsfähigerer Maschinen, die dadurch extrem populär wurden.

Der „Vater“ der Turbo-Ära war Jean-Pierre Jabouille, ein Fahrer, der für die Premiere des Renault RS01 beim Silverstone-GP 1977 bekannt ist und zuvor Tausende Testkilometer fuhr. Allerdings war der Prozess nicht frei von Herausforderungen: Erst beim siebten Start konnte er das Rennen mit dem anfangs unzuverlässigen RS01 beenden.

Turboladers größtes Problem: Turboloch

Obwohl Turbos wegen ihrer unglaublichen Geschwindigkeit und Leistung geschätzt werden, war das Turboloch ein bedeutender Nachteil dieses Motordesigns. Das Turboloch – also die Verzögerung zwischen Gaspedalbetätigung und Leistungseinsatz – war bei allen Turbomotoren vorhanden. Mit der Einführung von Biturbo-Systemen 1979 wurde dieses Manko jedoch deutlich reduziert. Nur zwei Jahre nach den ersten Renneinsätzen mit Turbomotoren konnte Jabouille beim GP von Dijon-Prenois in Frankreich einen historischen Sieg einfahren. Fortschritte in der Motorentwicklung halfen erheblich dabei, das Turboloch zu minimieren und die Zuverlässigkeit zu verbessern.

Es dauerte, bis die Konkurrenz von Renault aufholte. So wurde der Ferrari V6 zwar beim Italien-GP 1980 vorgestellt, fuhr aber erst im März 1981. BMW präsentierte 1982 ein Turboauto, Honda und Alfa Romeo folgten im Frühjahr 1983, mit nur einem Monat Abstand. Im August zog TAG/Porsche nach. Doch alle litten an Kinderkrankheiten.

Brabham- und McLaren-Designer Gordon Murray erinnert sich an den legendären BMW in seiner Anfangsphase: Ein riesiger Turbolader wie bei einem LKW, leistungsstark und schnell. „Wenn jemand damit fuhr, der so ein Fahrzeug nicht kannte, war er komplett überfordert, besonders mit unserem Vierzylinder“, so Murray.

Murray machte die Probleme am fehlenden Motorbremsmoment fest sowie der heftig einsetzenden Leistung nach dem Lag. „Das Turboloch wurde ständig kleiner, verschwand aber nie komplett.“

1.500cc-Turbomotoren sollen im Qualifying bis zu 1.000 PS oder mehr geliefert haben. Gemessen wurde auf Leistungsprüfständen, deren Skalen meist nur bis 1.000–1.100 PS reichten.

Aus den Eingangsdaten extrapoliert soll Paul Rosches BMW-Motor laut Murray im Qualifying bis zu 1.300 PS erreicht haben. Nelson Piquet berichtete, dass er aus der Kurve kam, auf die Streckenmitte zielte und beschleunigte, wobei er versuchte, zentriert zu bleiben. Dies geschah zu einer Zeit, als F1-Fahrer selbst auf Hochgeschwindigkeitskursen mit riesigen Heckflügeln unterwegs waren. Mit Drehzahlen ab etwa 3.500 U/min konnte das Turboloch reduziert und die Fahrdynamik spürbar gesteigert werden.

Turbo-Motoren dominieren die F1-Szene

Porsche perfektionierte die Turbotechnologie schnell. Der TAG-Motor steigerte die Leistung enorm und bescherte McLaren Titelgewinne 1984 bis 1986. Das TAG/Porsche-Chassis war zwar nicht das stärkste in Sachen PS, aber der 1986er Benetton BMW gilt vielen als ultimativer F1-Turbowagen.

1986 war das einzige Jahr in der Geschichte der Formel 1, in dem alle Fahrzeuge mit Turbomotoren fuhren. Saugmotoren waren verboten. Teo Fabi dominierte in diesem Jahr mit dem B186 Strecken wie Monza und den Österreichring. Im folgenden Jahr musste er auf einen Saugmotor umsteigen: Platz 13 in Adelaide, 16 in Monaco, 17 in Detroit 1987.

Turbo-Motoren hatten insbesondere im Langstreckeneinsatz durch höhere Kraftstoffeffizienz Vorteile.

Doch das Ende nahte: Die FIA kündigte an, dass ab 1989 wieder 3,5-Liter-Saugmotoren vorgeschrieben seien. Bereits 1987 und 1988 wurden diese gegen Turboautos getestet. Zusätzliche Beschränkungen für Turbos kamen hinzu:

1986: Nur noch 195 Liter Kraftstoff pro Rennen erlaubt.
1987: Einführung eines Pop-off-Ventils mit 4 Bar zur Ladedruckbegrenzung.
1988: Reduzierung des Pop-off auf 2,5 Bar, Kraftstoffbegrenzung auf 150 Liter.

Das Ende der goldenen Turbo-Ära der Formel 1

Gegen Ende der 1980er erreichte Honda die maximale Effizienz von Turbomotoren innerhalb der Regelgrenzen. Der McLaren mit Murray, Ayrton Senna und Alain Prost dominierte 1988. Auch wenn andere Teams die Rundenzeiten und Geschwindigkeiten früherer Turbojahre nicht mehr erreichten, bleibt dies ein Meilenstein.

Der Wechsel zu Saugmotoren beeinflusste die Leistung der Verbrennungsmotoren stark, besonders beim Leistungsverlust durch Höhenlage und Sauerstoffmangel.

Murray meint, dass trotz verbesserter Motorsteuerung und Telemetrie das Niveau der Turbo-Spitzenzeit nicht erreicht wurde. Die Leistungsdichte galt als unschlagbar. Die Einführung von Hybrid-Systemen, etwa MGU-K (Motor Generator Unit – Kinetisch) und MGU-H (Motor Generator Unit – Wärme), verbesserte Brems- und Beschleunigungsphasen deutlich.

Senna holte 1988 den Titel. Alain Prost gewann den Australian Grand Prix und stellte damit historische Bestmarken auf. Mit 35 Siegen auf TAG/Porsche, Renault und Hondas Kraftpaketen war er der letzte Turbo-Sieger in der F1.

Ab dem Großen Preis von Brasilien 1989 waren V8-, V10- und V12-Saugmotoren mit 3,5 Litern Pflicht. Die Turbo-Ära bleibt unvergessen für Fans, Fahrer und Ingenieure.

Wiedereinführung der Turbomotoren in der Formel 1

Die Wiedereinführung der Turbomotoren bedeutete einen grundlegenden Wandel in der Formel 1. Erstmals in den späten 1970ern eingesetzt, brachte Renault den 1,5-Liter-V6-Turbomotor. In der Qualifikation waren über 1.000 PS erreichbar.

Doch aus Kosten- und Sicherheitsgründen wurde die Turboära 1988 beendet; es folgte die Saugmotorenzeit. 2014 kehrten Turbolader zurück – nun als Bestandteil eines Hybrid-Power-Units. Vorgeschrieben wurde ein 1,6-Liter-V6-Turbo mit Energierückgewinnung.

Moderne Turbos sind deutlich fortschrittlicher. Mit Elektronik, Hochleistungsmaterialien und Innovationen erreichen sie höchste Effizienz. Das MGU-H etwa wandelt Abgaswärme in elektrische Energie um und speichert sie oder gibt sie direkt ab.

Die Rückkehr basierte auf dem Anspruch, in einer zunehmend nachhaltigen Automobilwelt relevant zu bleiben. Die neuen Hybrid-Turbos vereinen Leistung mit geringeren Emissionen und Verbrauch – im Einklang mit globalen Entwicklungen.

Ausblick: Die Rolle des Verbrennungsmotors im turboaufgeladenen Formel-1-Zeitalter

Verbrennungsmotoren (ICE) sind das Herzstück der Formel-1-Ingenieurskunst, besonders seit Einführung der Turbos. Seit 2014 ist der 1,6-Liter-V6-Turbomotor Pflichtbestandteil des Hybridantriebs. Hightech-Bauteile wie DOHC (doppelte obenliegende Nockenwellen) und komplexe Ladeluftsysteme steigern Effizienz und Leistung.

Der Verbrennungsmotor steht nicht nur für rohe Leistung: Mithilfe des MGU-K (Kinetik) und MGU-H (Abgaswärme) wird Energie beim Bremsen und aus Abgasen zurückgewonnen. Dadurch sinkt der Kraftstoffverbrauch erheblich, ohne die Performance zu mindern.

Ab 2026 wird laut Reglement eine 50:50-Aufteilung zwischen elektrischer Energie und Verbrennungsmotor gelten – ein weiterer Schritt zu nachhaltiger Effizienz.

Fazit: Verbrennungsmotoren bleiben ein essenzieller Bestandteil der Formel-1-Turboära und treiben Innovation und Leistung unter modernen Effizienzkriterien voran.

Übersetzung aus dem englischen Artikel “The Golden Era Of Turbos In Formula 1

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